Naturgefahrenmanagement und Raumplanung

(Quellen: BMLFUW, ÖGR, ÖROK)

Der Umgang mit Naturgefahren hat in Österreich eine lange Tradition. Der Lebens- und Wirtschaftsraum ist – besonders in den alpinen Regionen – schon immer auf das umsichtige Neben- und Miteinander mit Naturgefahren wie Hochwasser, Muren oder Lawinen angewiesen. Verschiedene Entwicklungen in den letzten Jahren wie die dynamische Bevölkerungsentwicklung in vielen Regionen, die Ausdehnung des Siedlungsraums in teilweise naturgefahrensensible Bereiche, die zunehmende Bedeutung der ununterbrochenen Verfügbarkeit von Verkehrsverbindungen und Infrastrukturkorridoren sowie die Auswirkungen des Klimawandels z.B. in Form von gehäuften Wetterextremen, führten zu einer kontinuierlich zunehmenden Bedeutung von Naturgefahren für die Raumentwicklung und Raumplanung.

Blickt man zurück, so führten beispielsweise die Aufarbeitungen der Hochwasserereignisse der Jahre 2002, 2005 und 2013 zu umfangreichen Anpassungen auf europäischer und nationaler Ebene: Konkret wurde für den Bereich der Raumordnung von der ÖROK die “ÖROK-Empfehlung Nr. 52 zum präventiven Umgang mit Naturgefahren in der Raumordnung” beschlossen. Seitens des Bundes und der Länder wurde die EU-Hochwasserrichtlinie mit der Erstellung eines nationalen Hochwasserrisikomanagementplans umgesetzt und im Vorwege das Wasserrechtsgesetz novelliert. Einige Bundesländer unterzogen die Raumordnungsgesetze einer Novellierung entsprechend den Anforderungen eines umfassenden Hochwasserrisikomanagements. Im Jahr 2017 erfolgt dahingehend eine Adaptierung der ÖROK- Empfehlung Nr. 52.

Darüber hinaus rückten aufgrund zunehmender Schadensereignisse auch gravitative Naturgefahren (Steinschlag, Felssturz, Hangmuren, Rutschungen) stärker in den Fokus der Raumordnung, insbesondere da Flächennutzungen auch in Hanglagen erfolgen. Dadurch wurde der dringende Bedarf nach einem integrierten Risikomanagement auch für diesen Bereich offensichtlich, zu dem nun mit den Ergebnissen der ÖREK-Partnerschaft “Risikomanagement für gravitative Naturgefahren in der Raumplanung” und der ÖROK-Empfehlung Nr. 54 ein erster Grundstein gelegt wurde.

Naturgefahrenmanagement im Kontext der Raumplanung und Raumordnung: Rechtsgrundlagen und Zuständigkeiten

Das Thema Naturgefahrenmanagement und Raumplanung ist eine hoch komplexe Materie, für die sowohl die Fachbereiche Raumplanung und Raumordnung als auch die Forst- und Wasserwirtschaft zuständig sind. Gemäß der in der österreichischen Bundesverfassung definierten Kompetenzverteilung kommen daher sowohl Bundes- als auch Landesrechtsmaterien inkl. verschiedener Behördenrichtlinien zur Anwendung.

Auf EU-Ebene ist es

Auf Bundesebene sind es

Auf Landesebene ist es

Neben den oben angeführten Fachbereichen sind im Bereich des Naturgefahrenmanagements beispielhaft der Katastrophenschutz, der Hydrographische Dienst, die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, die Landesforstdienste und –warnzentralen, die Geologische Bundesanstalt, die Lawinenwarndienste, die LandesgeologInnen, Infrastrukturbetreiber wie ÖBB und ASFINAG, Feuerwehren, Lawinenkommissionen und die BürgermeisterInnen als Zuständige der örtlichen Sicherheit als wesentliche Sektoren und Institutionen zu nennen.

Naturgefahrenmanagement im Kontext der Raumplanung und Raumordnung: Rechtsgrundlagen und Zuständigkeiten

Der Schutz vor Naturgefahren umfasst bauliche, planerische, informationelle, finanzielle und organisatorische Maßnahmen. Neben den sichtbaren baulichen Schutzmaßnahmen (z.B. Hochwasserschutzdämme, Lawinenverbauung) ist die Gefahrendarstellung und -information ein wesentliches Element.

Der Gefahrenzonenplan (GZP) ist das zentrale Instrument zur Darstellung und Bewertung der Gefährdung durch Naturgefahren. Im Bereich der Wildbäche, Lawinen und Erosionen kommt der Gefahrenzonenplan der Wildbach- und Lawinenverbauung, im Forstgesetz 1975 idgF geregelt, zur Geltung. Im Bereich des Hochwassers regelt die 2014 in Kraft getretene Verordnung über die Gefahrenzonenplanung nach dem Wasserrechtsgesetz die Planungen. Als Fachgutachten ohne unmittelbare Rechtsverbindlichkeit dient der Gefahrenzonenplan als Grundlage für Planung, Priorisierung und Umsetzung von präventiven Schutzmaßnahmen sowie Planungen auf den Gebieten der Raumplanung, des Bauwesens sowie des Katastrophenschutzes.

Im Gefahrenzonenplan werden vor allem folgende zwei Bereiche ausgewiesen:

Daneben werden noch ausgewiesen:

Der Gefahrenzonenplan nach dem Forstgesetz wird von Experten der WLV für Gemeinden mit Wildbach- oder/und Lawineneinzugsgebieten im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens erstellt. Dabei werden naturräumliche Gegebenheiten nach vordefinierten Kriterien bewertet. Aus dem gesetzlichen Auftrag ist abzuleiten, dass im Gefahrenzonenplan für häufige Ereignisse sowie für das sogenannte „Bemessungsereignis (Ereignis mit einer Wiederkehrwahrscheinlichkeit von ca. 150 Jahren)“ Aussagen über die dauernde Benutzbarkeit für Siedlungs- und Verkehrszwecke zu treffen sind.

Die Gefahrenzonenplanung nach dem Wasserrechtsgesetz wird aufbauend auf den Abflussuntersuchungen vorgenommen. In hochwassergefährdeten Gebieten werden Abflussuntersuchungen der Bundeswasserbauverwaltung erstellt. Dabei werden für Hochwasser niedriger (HQ300), mittlerer (zumindest HQ100) und hoher (HQ30) Wahrscheinlichkeit Überflutungsflächen mit Hochwasseranschlaglinien, Wassertiefen und gegebenfalls Fließgeschwindigkeiten ausgewiesen. Bereits erstellte Abflussuntersuchungen sollen kontinuierlich durch Gefahrenzonenpläne ergänzt werden - zuerst in allen Gebieten mit potenziellem signifikantem Hochwasserrisiko gemäß EU-Hochwasserrichtlinie (APSFR: Areas of Potential Significant Flood Risk) und weiters in allen Gebieten, für die Schutzmaßnahmen umgesetzt werden sollen.

Eine etwas generellere Darstellung bieten die Ergebnisse der Umsetzung der EU-Hochwasserrichtlinie in Österreich. Dabei wurden Gebiete mit potenziellem signifikantem Hochwasserrisiko (APSFR) ausgewiesen und für diese Gebiete Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten erstellt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurden für die Riskikogebiete Maßnahmenprogramme entwickelt und ein nationaler Hochwasserrisikomanagementplan erstellt (weitere Informationen: LINK).

Stand der Gefahrendarstellung 2015

Der aktuelle Status der Gefahrendarstellung lässt sich durch die vorhandenen Gefahrenzonenpläne und Abflussuntersuchungen zeigen. Die vorliegende Karte „Stand der Gefahrendarstellung“ soll dazu einen Überblick geben, der jährlich aktualisiert werden soll. Es werden 4 Kategorien ausgewiesen, die auf die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Rechtsmaterien hinweisen:

Insgesamt hatten Ende des Jahres 2015 von insgesamt 2.100 Gemeinden in Österreich

Naturgefahrenmanagement und die Raumplanung

Der Raumplanung kommt im Zusammenhang mit Naturgefahren eine wesentliche Rolle in der Gefahrenprävention zu. Daher ist die Untersuchung und Darstellung von potenziell eintretenden Gefahren (z.B. im Gefahrenzonenplan) in der Planungspraxis eine zentrale Entscheidungsgrundlage. Im Allgemeinen sind Gefahrenzonenpläne fachliche Gutachten und entfalten damit keine unmittelbare raumordnungsrechtliche Wirkung. Die Regelungsansätze für den Umgang mit Gefahrenbereichen sowie für die Beachtung der Gefahrendarstellungen finden sich in den Raumordnungsgesetzen der Länder, die sich in ihren Begrifflichkeiten sowie den grundsätzlichen und detaillierten Bestimmungen unterscheiden. Zentrales Umsetzungsinstrument im Hinblick auf Naturgefahren ist der Flächenwidmungsplan bzw. das örtliche Entwicklungskonzept, wobei auch die überörtliche Raumplanung eine Bedeutung hat (überregionale Pläne etc.).

Ein wesentlicher Steuerungsansatz der Raumplanung ist es, Überlagerungsbereiche von Gefährdungszonen einerseits und Siedlungszonen andererseits möglichst gering zu halten. Ansatzpunkte hierbei sind Widmungsverbote bzw. Widmungskriterien für die (Neu-)Ausweisung von Bauland, die dazu beitragen sollen, dass in gefährdeten Bereichen kein Bauland ausgewiesen wird. Der planungsrechtliche Umgang mit bestehendem Bauland in Gefahrenbereichen ist um einiges heikler. Hier beinhalten Regelungen entweder die Möglichkeit einer Nutzungsbeschränkung für Bauland (z.B. Bausperre) oder Rückwidmung des Baulandes, wobei planungsrechtliche Mögklichkeiten auch davon abhängen, ob das Bauland bebaut oder unbebaut ist. Grundsätzlich gilt in roten Gefahrenzonen Bauverbot; in gelben Gefahrenzonen ist das Bauen in Ausnahmefällen, meist mit Auflagen, erlaubt.

Weiterführende Informationen

Weblinks:

Gefahrenzonenplan der WLV

Gefahrenzonenplan gem. WRG

Hochwasserrisikomanagementplan 2015

Naturgefahren.at

Publikationen:

ÖROK-Publikation Nr. 168 „Präventiver Umgang mit Naturgefahren in der Raumordnung“

ÖROK-Publikation Nr. 193 „Risikomanagement für gravitative Naturgefahren in der Raumplanung“

Raumplanung und Naturgefahrenmanagement (Österreichische Gesellschaft für Raumplanung, 2005)