Die österreichische Wirtschaftsstruktur ist regional sehr differenziert
Die Verteilung von Beschäftigten nach Technologiebereichen zeigt auf, wo regionale Spezialisierungen bestehen. Besonders hohe Anteile von Beschäftigten in mittelhoch- und hochtechnologischen Branchen oder wissensintensiven Dienstleistungen (KIBS) gelten als Hinweis auf zukunftsfähige Wirtschaftsstrukturen. Der strukturelle Wandel lässt sich auch anhand der Wachstumsraten der einzelnen Technologiebereiche erkennen. Während Hoch- und Mittelhochtechnologie sowie wissensintensive Dienstleistungen seit 2019 deutlich Zuwächse verzeichneten, entwickelten sich andere Branchen verhältnismäßig schwach oder sogar negativ.
Österreichs Wirtschaft verfügt über eine starke industrielle Basis und zahlreiche Unternehmen im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen. Gleichzeitig spielt der Tourismus vielerorts eine wichtige Rolle. Die Wirtschaftsstrukturen der Bundesländer unterscheiden sich jedoch deutlich.
Eine kurze Zusammenfassung der Bundesländer kann nachfolgend ausgewählt werden.
Das Burgenland zeichnet sich durch eine heterogene Wirtschaftsstruktur mit einer weiterhin wichtigen Rolle der Landwirtschaft aus, insbesondere des Weinbaus. Der Tourismus gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dem produzierenden Sektor kommt eine untergeordnete Rolle zu. Der Arbeitsmarkt des Burgenlandes ist eng mit den Nachbarbundesländern und Wien, aber auch mit Ungarn verbunden.
Kärnten ist im europäischen Vergleich eine hochentwickelte Industrieregion mit Schwerpunkten in Elektrotechnik, Elektronik, Maschinenbau, Holzverarbeitung und der Bauwirtschaft. Gerade im Bereich Mikroelektronik konnte in den letzten Jahren ein dynamisches Wachstum verzeichnet werden. Der Bereich der Hochtechnologie Produktion konnte seit 2019 um über 20% wachsen. Gleichzeitig ist das Bundesland geprägt von einer langen Tradition im Tourismus, der von den vielen Seen, den Alpen und dem Kärntner Kulturangebot profitiert.
Die Wirtschaftsstruktur Niederösterreichs ist äußerst heterogen. Die Landwirtschaft spielt insbesondere in den ländlichen Gebieten nach wie vor eine wichtige Rolle, wo Obst- und Weinbau traditionelle Schwerpunkte sind. Darüber hinaus hat sich Niederösterreich zu einem Industriestandort mit einer Spezialisierung in den Bereichen Maschinenbau, Elektronik und Lebensmittelverarbeitung entwickelt. Sowohl im Hochtechnologiebereich als auch im Mittelhochtechnologie Segment gab es hier durch Elektronik, Maschinen- und Fahrzeugbau im Vergleich zu 2019 ein sehr hohes Wachstum (+49,1% bzw. +19,3%). Der Dienstleistungssektor konzentriert sich auf St. Pölten, Wiener Neustadt und auf das Wiener Umland. Dynamisch entwickeln sich zudem wissensintensive, industrienahe Dienstleistungen.
Oberösterreich ist ein führender Industriestandort Österreichs mit Schwerpunkten in den technologieorientierten Bereichen Maschinen- und Fahrzeugbau, Metallerzeugung und -verarbeitung sowie Chemie/Kunststoff. Seit 2019 konnten die Bereiche Metallerzeugung und -verarbeitung sowie Kunststoffe stark wachsen, wodurch es im Mittelniedrigtechnologie Segment zu einem Wachstum von knapp einem Viertel gekommen ist. Darüber hinaus spielt in ländlichen Gebieten die Landwirtschaft, insbesondere die Milch- und Viehwirtschaft, weiterhin eine Rolle. Rund um Linz wächst die Bedeutung wissensintensiver Dienstleister, die die Nachfrage nach höher- und hochqualifizierten Arbeitskräften treiben. Das Bundesland profitiert traditionell von seiner Nähe zu Deutschland.
Mit der Stadt Salzburg und ihrem kulturellen Angebot sowie den Alpen weist das Bundesland Salzburg viele touristische Highlights auf, die zahlreiche in- und ausländische Gäste anziehen. Dementsprechend spielt der Tourismus eine wichtige Rolle für die regionale Wirtschaft. Ergänzend sind Industrie, Verkehrswirtschaft und Handel bedeutende Pfeiler der regionalen Wirtschaft. Im Produktionssektor konnte seit 2019 ein relativ flächendeckendes Wachstum beobachtet werden sowohl das Mittelniedrig- als auch das Mittelhochtechnologiesegment konnten entsprechend über 20% wachsen.
Die Steiermark kann auf eine sehr lange industrielle Tradition zurückblicken und ist gegenwärtig eines der besonders forschungsorientierten Bundesländer Österreichs. Schwerpunkte liegen in den Bereichen Mobilität, Umwelttechnologie, Elektrotechnik und Elektronik sowie Maschinenbau. Die Steiermark konnte sich dabei seit 2019 sehr dynamisch entwickeln, das starke Wachstum im Bereich der Hochtechnologie Produktion ist aber auch auf eine Veränderung der NACE-Klassifizierung eines wichtigen Mobilitäts-Technologieunternehmens zurückzuführen, welches zuvor dem Bereich der Wissensintensiven Dienstleistungen zugeordnet war. Denn neben der Industrie spielen auch technische Dienstleister eine zentrale Rolle für den Standort. Die Steiermark ist außerdem wichtiger Forschungs- und Bildungsstandort mit einer sehr hohen Dichte an Forschenden und Studierenden. Daneben spielt der Tourismus eine wichtige Rolle in den Alpen, in der Landeshauptstadt Graz, in der Thermenregion sowie entlang der Weinstraße.
Tirol ist national und international bekannt für seine Berglandschaften und die gut ausgebaute Tourismusinfrastruktur, weshalb der Tourismus ein zentraler Wirtschaftszweig ist. Industrielle Schwerpunkte liegen in den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik sowie Chemie/Pharmazie. Das starke Wachstum im Hochtechnologiesegment ist auf Ausbau und Investition im Pharmaziebereich zurückzuführen.
Das Bundesland Vorarlberg zeichnet sich durch eine vielfältige, hochentwickelte und international orientierte Wirtschaft aus. Die Region ist bekannt für ihre leistungsfähige Industrie, insbesondere in den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik und traditionell auch Textilien, wodurch das Wachstum im Mittelhochtechnologiesegment seit 2019 (+9,6%) vom Elektronik Bereich und dem Maschinenbau getrieben wurde. Der Tourismus ist in den alpinen Regionen und im Zentralraum mit seinem kulturellen Angebot ein wichtiger Faktor.
Wien ist aufgrund seiner Größe das wirtschaftliche Zentrum Österreichs mit engen Verflechtungen mit dem umliegenden Niederösterreich, aber auch mit dem Burgenland, Oberösterreich sowie der Steiermark. Als Hauptstadt Österreichs ist Wien ein bedeutendes Zentrum für Banken, Versicherungen und Verwaltung sowie ein Bildungs- und Forschungsstandort von überregionaler und internationaler Bedeutung. Als Destination für Städte-, Kultur- und Kongresstourismus weist Wien ebenfalls hohe internationale Bedeutung auf. Die Industrie spielt eher eine untergeordnete Rolle, wobei im Hochtechnologie Segment durch den Bereich Chemie/Pharmazie ein Wachstum von +3,3% gegenüber 2019 beobachtet werden konnte.
Europäische Vergleichsregionen können anhand der Wirtschaftsstruktur identifiziert werden
Im internationalen Kontext können vor allem die Bundesländer Oberösterreich, Vorarlberg, Steiermark und Kärnten mit anderen hoch entwickelten Industrieregionen in Europa (HIRE) verglichen werden. Hierzu zählen zahlreiche deutsche Regionen wie etwa Kassel, Rheinland-Pfalz, Thüringen oder das Saarland, aber auch Regionen in Tschechien, Italien, Polen und Ungarn.
Wien lässt sich im internationalen Vergleich gut mit anderen Hauptstädten und Stadtregionen wie etwa Latium (Rom), Emilia-Romagna (Bologna), Hamburg und Lissabon, sowie mit Regionen in Skandinavien und den Niederlanden vergleichen. Charakteristisch sind hier die starke Rolle der wissensintensiven Dienstleistungen, die Bedeutung des öffentlichen Sektors sowie die internationale Ausstrahlung als Zentrum für Städte- und Kongresstourismus.
Die Bundesländer Salzburg und Tirol, aber auch die Bundeshauptstadt Wien, zählen zu den führenden europäischen Tourismusdestinationen, wie ein Blick auf die Nächtigungsdichte zeigt. Tirol und Salzburg liegen dabei auf dem Niveau mit Regionen wie den Balearen, der Algarve, Madeira, den Kanarischen Inseln oder Kreta. Aufgrund ihres starken Fokus auf den Alpintourismus sind jedoch die Regionen Norditaliens wie Südtirol, die Region Trento und das Aosta Tal geeignetere Benchmarkregionen.
Vergleiche unterstützen Wirtschafts- und Standortpolitik
Der Vergleich der Wirtschaftsstrukturen von NUTS2-Regionen offenbart regionale Unterschiede in der sektoralen Zusammensetzung, dem Fortschritt des Strukturwandels sowie beim Potential und den Anforderungen an Arbeitskräfte. Es ist wichtig anzumerken, dass die hier dargestellten Daten keinesfalls das ganze Bild zeichnen und Wirtschafts- und Standortpolitik auf Ebene von Bezirk und Gemeinde sehr individueller Analysen und Abwägungen bedarf, aber sie können Entscheidungsträger:innen bei der Standortentwicklung, Clusterbildung und Ansiedlungspolitik unterstützen.
Auch raumplanerische Maßnahmen wie Betriebsgebietsmanagement, Verkehrsanbindung oder Fachkräftesicherung können gezielter gesteuert werden. Ein Verständnis wirtschaftlicher Schwerpunkte unterstützt des Weiteren die differenzierte Entwicklung zwischen städtischen Innovationszentren und ländlichen Wirtschaftsräumen.
Eine weitere Implikation ergibt sich aus den europäischen Vergleichsmöglichkeiten: Die Einordnung österreichischer Regionen in Cluster wie hochentwickelte Industrieregionen oder urbane Wissensstandorte erlaubt ein gezieltes Lernen von Best Practices anderer Länder. Für die Standort- und Regionalpolitik bedeutet dies, dass Förderinstrumente, Infrastrukturprojekte und Innovationsstrategien nicht nur national gedacht, sondern auch im europäischen Kontext positioniert werden sollten.
Datenquelle und Methodik
Der Indikator wurde im November 2025 erstellt. Die Beschäftigtendaten nach Technologiebereichen nach NUTS-Regionen wurden von EUROSTAT mit Stand 12.06.2025 bezogen. Statistiken zur Nächtigungsdichte werden ebenfalls von EUROSTAT veröffentlicht (regionale Tourismusstatistiken) und sind am Stand vom 31.07.2025.
Methode der Brancheneinteilung
Die Zuordnung der Wirtschaftszweige nach Technologie- bzw. Wissensintensität erfolgt im Wesentlichen auf Basis der durchschnittlichen F&E-Intensität der Branche in allen OECD-Staaten (F&E-Ausgaben gemessen an der Bruttowertschöpfung).
Die Technologiebereiche der Produktion lassen sich in die Kategorien (i) Niedrigtechnologie, (ii) Mittelniedrigtechnologie, (iii) Mittelhochtechnologie und (iv) Hochtechnologie einteilen, wobei die folgenden ÖNACE-Klassen zugeordnet werden können:
Der Dienstleistungsbereich lässt sich ebenfalls in wissensintensive und weniger wissensintensive Bereich einteilen, wobei die ÖNACE-Klassen wie folgt eingeteilt sind: